Computersucht und Kinderschutz

Eine Welt ohne Computer, Internet, Handy, soziale Medien & Co. ist im Grunde kaum mehr vorstellbar. Das Verhalten in der Arbeit und Freizeit hat sich durch die neuen Kommunikationstechnologien massiv verändert – und sie können auch süchtig machen.

  • Während sich die älteren Semester unter uns noch an das gute alte analoge Vierteltelefon erinnern können, wachsen Kinder und Jugendliche wie selbstverständlich in das digitale Universum hinein.

    Abhängige immer jünger

    Der Grat, auf dem unsere Cybersprösslinge wandeln, ist recht schmal und der Absturz in eine suchthafte Dynamik passiert schneller, als man denkt. Immer leistungsfähigeres Internet, leicht zugängliche Apps und das ständige Nutzen von Smartphones und Tablets bergen beträchtliche Risiken, deren sich die Eltern nicht immer bewusst sind. Besonders auffallend: Waren es früher eher Studenten, die wegen Internetsucht therapiert wurden, kommen heute schon die Elf- und Zwölfjährigen in Behandlung, wie Kurosch Yazdi, Primar am Zentrum für Suchtmedizin an der Linzer Kepler-Klinik, in einem Artikel von „kurier.at“ berichtet. Der Altersdurchschnitt der Patienten liege mittlerweile bei 14 bis 15 Jahren, wird Yazdi zitiert. Der Primar stuft das Suchtpotenzial von Computerspielen als sehr hoch ein und ist überzeugt, dass es oft unterschätzt werde. Zugleich sind geschlechterspezifische Unterschiede festzustellen. Während Jungs dazu neigen, sich in Onlinerollenspielen und Egoshootern zu verlieren, nutzen Mädchen oft auf krankhafte Weise WhatsApp, Facebook und andere soziale Medien.

    Merkmale der Internetsucht

    Wann aber spricht man von Internetsucht? In der akademischen Debatte ist man sich noch uneinig, welche Faktoren ausschlaggebend sind und wo genau die Grenzen verlaufen. Öfters wird z. B. auf den Leitfaden des Psychiaters und Neurologen Hans Zimmerl verwiesen, der folgende Merkmale der Onlinesucht beschreibt:

    Fokussierung: In allen Lebenslagen sind das Denken und Handeln darauf fokussiert, online zu sein. Der Rest verkommt zur Nebensache und das Verhaltensspektrum ist stark eingeschränkt.
  • Kontrollverlust: Süchtige haben keine Kontrolle mehr darüber, wie lange sie online sind. Um das Niveau der Befriedigung zu erhalten, müssen sie das Internet mehr und intensiver nutzen.
  • Negative Folgen: Zimmerl nennt als körperliche Schäden durch suchthaften Gebrauch Schlafstörungen, Mangelernährung sowie Störung des Seh- und Bewegungsapparats. Als negative Konsequenzen für die Psyche beschreibt der Neurologe schlechtere Leistungen in der Schule und grobe Vernachlässigung der sozialen Beziehungen.
  • Entzugssymptome: Bei ungewollten oder durch die Eltern erzwungenen Offlinezeiten kommt es zu erhöhter Reizbarkeit und Nervosität. Die Jugendlichen reagieren teilweise sehr aggressiv.
  • Unfähigkeit zur Verhaltensänderung: Die Betroffenen sind oft nicht in der Lage, ihr Verhalten zu ändern, obwohl sie die schädlichen Folgen deutlich spüren und auch erkennen.

    Wenn Kinder und Jugendliche im Begriff sind, in die Abhängigkeit zu gleiten, liegt es vor allem an den Eltern, klare Grenzen zu setzen. Kindern könne schon mal der Zugang verwehrt werden, rät Primar Yazdi. Älteren müsse vehement vor Augen geführt werden, dass sie in den Abgrund driften.

    Im Netz lauern viele Gefahren

    Im Umgang mit dem Netz bedürfen unsere Kleinsten natürlich eines besonderen Schutzes. Einerseits ist es wichtig, sie an die Neuen Medien heranzuführen, damit sie spielerisch den Umgang mit ihnen lernen. Andererseits lauern viele Gefahren im grenzenlosen World Wide Web: pornografische und gewaltverherrlichende Inhalte, Kontakte mit Pädophilen, Cybermobbing etc. Kinder sollten daher bei ihren ersten Trips durch das Netz nicht alleingelassen werden. Es gibt eine Vielzahl an Angeboten, die speziell auf Kinder zugeschnitten sind. Das reicht von Lernwebseiten bis zu eigenen Videoportalen.

    Programme für Kinderschutz

    Ein Account nur für Kinder am PC schränkt bestimmte Funktionen ein, etwa den Download neuer Programme. Webseiten mit kinderfreundlichen Inhalten, die angesurft werden dürfen, können mit spezieller Software festgelegt werden; alle anderen Sites können ausgefiltert werden. Einschränkungen sind natürlich auch auf dem Handy und Tablet möglich. Wichtig ist auch, die Surfzeiten zu regulieren.

    Bewusster Umgang mit sozialen Medien

    Eine große Bedeutung kommt der Aufklärung im Umgang mit den sozialen Medien zu. Ein kompromittierendes Bild ist schnell hochgeladen und verschickt. Einmal im Netz, sind freizügige Pics nur schwer wieder zu löschen – wenn überhaupt. Sinnvoll ist es, wenn das digitale Leben auf den Freundeskreis beschränkt ist. Gerade Kinder sollten dazu angehalten werden, ihre Privatsphäre-Einstellungen auf Facebook & Co. dementsprechend zu adaptieren.

Bild Kind Tastatur © mariesacha – stock.adobe.com